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Für Lotsen ist es der gefährlichste Moment in ihrem Berufsalltag: bei orkanartigen Böen von einem Frachtschiff eine Strickleiter herunterklettern und auf ein kleines Lotsenboot übersetzen. Mitte Januar 2023 ist ein Lotse bei Borkum ins Meer gefallen und kam mit Unterkühlungen ins Krankenhaus. Erst wenige Tage zuvor verstarb ein englischer Kollege bei diesem Manöver.
Hafenlotse Gerhard Janßen und Seelotse Dominik Thieben machen sich für ihren Einsatz bereit. Bei Windstärke acht geht es mit dem Versetzboot zum Autotransporter „Silver Soul“. Sie müssen das Schiff sicher aus dem Hafen über die Ems bis auf die offene See bringen. Mit Gegenverkehr, schlechter Sicht und in einem engen Fahrwasser, das kaum Ausweichmanöver zulässt. Bei Borkum soll ein Lotsenboot die beiden abholen. Das Übersetzen im Sturm: lebensgefährlich.
Ob das Schiff dann noch fährt, hängt von der Wellenentwicklung ab. Sonst muss der Helikopter die Lotsen abholen. Maximal elf Windstärken hält er stand. Das entspricht mit über 100 Kilometern pro Stunde einem orkanartigen Sturm. An einem Seil werden die Lotsen in den Hubschrauber gezogen. Bei jedem Versetzmanöver müssen die Lotsen und die Crew auf den Versatzschiffen und im Helikopter entscheiden: Wie viel Wagnis sind sie bereit einzugehen?
„Die Nordreportage“ begleitet Lotsen, die unter extremen Bedingungen weitreichende Entscheidungen treffen müssen: Für die Schiffe, deren Besatzungen und die Ladung, die sie durch den Sturm navigieren müssen, und auch für ihre eigene Sicherheit.